Schulbehörde mit Schießsport auf Kriegsfuß (Artikel der DWZ v. 23.02.2006 )

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Am:

26.01.2006

Von:

Volker Ehrchen

Schulbehörde mit Schießsport auf Kriegsfuß

Hamelner Schützen und Schulleiter enttäuscht: Keine Schießsport-AGs für Schüler mehr genehmigt

Hameln (kar). Ist der Schießsport für Šchüler eine latente Gefahr oder eine Chance, im kontrollierten Umgang mit Luftgewehr und Luftpistole Verantwortung, Disziplin und Konzentration zu trainieren? Fragen, die Gegner und Befürworter polarisieren. Während die einen das Heranzüchten „potenzieller Amokschützen“ befürchten, setzen die anderen auf den gegenteiligen Effekt, sprechen von
pädagogisch sinnvoller „Gewaltprävention“. Zehn Jahre wurden Schießsport-AGs an Hamelner Schulen gut und gern angenommen und von der Landesschulbehörde genehmigt. In Kooperation mit dem Schützenverein Hameln von 1862 e.V. gab es entsprechende Arbeitsgemeinschaften an der Pestalozzischule und der Theodor-Heuss-Realschule. „Die Arbeit war sinnvoll und erfolgreich“, sind sich alle Beteiligten einig – angefangen bei Oberschützenmeister Helmut Bernhardt bis hin zu den Schulleitern Werner Heuer (Pestalozzi-Schule) und Ingo Kalpen (Theodor-Heuss-Realschule). Doch die AGs gibt es nicht mehr.
Die Landesschulbehörde hat den Antrag der Pestalozzischule für Schulschießsport-AGs im Jahr 2006/07 mit Schreiben vom 3. November 2005 abgelehnt. Die in den Jahren 1995/96, 1996/97, 1997/98 und 2004/05 genehmigten AGs beruhten auf einer „fehlerhaften Genehmigungspraxis derselben, nun ablehnenden Landesschulbehörde“ heißt es in dem Schreiben. Heimischer Kreissportschützenverband, Politik und Verwaltung schalteten sich ein und baten darum, die Ablehnung noch einmal zu überdenken. Ohne Erfolg.
Hartmut Kahle, städtischer Fachbereichsleiter für Bildung, Jugend und Kultur, arbeitet im Kriminalpräventionsrat seit Jahren mit den Hamelner Schützen zusammen. Aus gutem Grund. Das Sportschießen habe „einen nicht zu unterschätzenden präventionsfördernden Charakter“, machte Kahle in einem Schreiben an die Landesschulbehörde geltend. Die hervorragende Zusammenarbeit mit den Schützen, die sich aus dieser Präventionsgruppe ergeben hat, bestätigt auch Werner Heuer. Bei den Schießsport-Arbeitsgemeinschaften sei ein „positiver Ansatz“ geleistet worden, der bewirken soll, dass Schüler eben „nicht gewalttätig werden“, so der Schulrektor. Mädchen und Jungen, die sich für den Schießsport interessierten, seien vorher genau unter die Lupe genommen worden. Heuer: „Sie haben festgestellt, dass das Schießen eine schwierige Sportart ist, bei der viele Regeln und Sicherheitsvorschriften eingehalten werden müssen.“ Sein Fazit: „Die Schießsport-AGs schulen Verantwortungsbewusstsein und Disziplin.“
So sieht das auch Thorsten Bräuer, als Sozialpädagoge an der Theodor-Heuss für Arbeitsgemeinschaften zuständig: Die Schießsport-AG habe in punkto Disziplin und Konzentration zu positiven Veränderungen geführt. Oberschützenmeister Helmut Bernhardt kann das aus der intensiven Jugendarbeit seines Vereins und mit den Schülern nur bestätigen: „Ziel ist es, Konzentration sowie Grob- und Feinmotorik zu verbessern. Das gelingt.“
Mit Unverständnis reagieren alle Beteiligten auf einen Passus im Schreiben der Landesschulbehörde, der besagt, dass sich Minister Busemann „ausdrücklich gegen Schießsport im schulsportlichen Angebot ausgesprochen“ habe. Zitat: „Er wolle keine Waffen in den Schulen.“ Zwei Absätze weiter heißt es, „dass Waffen im Sinne des Bundeswaffengesetzes nicht mit in die Schule oder zu Schulveranstaltungen gebracht werden dürfen“. Wurden sie auch nie. Denn: Der Schießsport wird ausschließlich auf der nach modernen Sicherheitsstandards eingerichteten Schießsportanlage ausgeübt. Waffen, die sicher in Waffenschränken weggeschlossen sind, werden nur für die Sportübung von geschulten Ausbildern ausgegeben und anschließend wieder verwahrt.
Helmut Bernhardt hat seine eigene Theorie, warum der einst genehmigte Schulschießsport plötzlich nicht mehr erlaubt ist: „Es geht um 400 Euro.“ Materialkosten für Munition und Scheiben, die anfallen und bislang von den Hamelner Schützen bezahlt wurden. Die Trainer selbst arbeiteten immer ehrenamtlich, richteten gar einen kostenlosen Fahrdienst für die Schüler zur Schießanlage ein. Bernhardt: „Angesichts auch unserer knappen Kasse hatten wir erstmals einen Antrag auf Fördermittel für den Schulschießsport gestellt, und plötzlich wird der nicht mehr genehmigt.“
Einen Hoffnungsschimmer gibt es für Bernhardt noch: Gestern erreichte ihn die Nachricht, dass sich Dr. Fischer, Präsident des Niedersächsischen Sportschützenverbandes, in der Angelegenheit an den Landessportbund gewandt hat, der nun seinerseits Minister Busemann ansprechen will – beim Biathlon im Harz. Da wird nämlich auch geschossen. Übrigens: Der Schießsport ist eine der ältesten olympischen Disziplinen im Kampf um Medaillen.

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Ich danke Karin Rohr von der DWZ für Ihr Einverständnis, Ihren Artikel auf unserer Webseite veröffentlichen zu Dürfen und hoffe auf eine rege Diskussion in unserem Gästebuch. Ich für meinen Teil bin ausgesprochen wütend über diese unsinnige und in meinen Augen dumme Entscheidung der Landesschulbehörde. Es bleibt zu wünschen, das Minister Busemann noch einmal in sich geht und eine Entscheidung für die Hamelner Schüler und Schulen fällt. Es ist schon eigenartig, zu erleben, welchen Stellenwert der Schießsport in einigen Köpfen hat. Ehrenamtlichen Ausbildern des Hamelner SV zu unterstellen, sie würden > potentielle Amokschützen < heranzüchten ist schon krass.

Euer Webmaster Volker Ehrchen